Roechelnde Motoren, hechelnde Lungen

Einen Moment lang dachten wir, die Goetter seien gegen uns. Nachdem unser erster Trek gescheitert war, weil Karins Erkaeltung sich einfach nicht bessern wollte, verliessen wir Ladakh Richtung Sueden, um ev. in Spiti noch einen Trek zu versuchen. Da wir einfach nur sicher nach Manali (Kullutal) kommen wollten, buchten wir vorsichtshalber einen "Deluxe Tourist Bus". Man goennt sich sonst ja nichts.

 

Mit dem Hammer wird unser Bus repariertDoch leider erwies sich die Fahrt nicht halb so deluxe, wie wir erhofft hatten. Zwar verfuegte das Gefaehrt tatsaechlich ueber ganz vernuenftige Sitze. Doch unter der Haube roechelte die Maschine schwer. Nur mit Mueh und Not schien sie die Passhoehen bis zu 5200m(!) erklimmen zu wollen. Laut stotternd und prustend stiess der Motor immer mal wieder dick schwarze Russwolken aus. Dennoch genossen wir das Spektakel, und Michi hing sich schon mal kraeftig zum Fenster raus, um eine optimale Perspektive fuer die Ueberholmanoever zu haben. Bis zu dem Moment, als ein entgegenkommendes Fahrzeug seinem Fenster naeher kam, als physisch vorgesehen war. Mit einem grossen Knall ging die Scheibe in Brueche. Nach kurzer Diskussion, wer denn hier der Schuldige sei, ging es weiter, ohne dass auch nur jemand sich die Muehe genommen haette, Michis uebermaessiger Frischluftzufuhr ein Ende zu bereiten. Wir mussten also selber taetig werden, und fortan zierte ein mit Sicherheitsnadeln und etwas Tape in die Luecke gehaengter Reissack unsere Sicht. Mochte dies die Aussicht zwar ganz gut trueben, liessen sich Abgase und Kaelte kaum vom Eindringen abhalten. Michis Erkaeltung war vorprogrammiert, ueberquerten wir doch noch waehrend eineinhalb Tagen mehrere Paesse auf ueber 4500m.

D'Abgas, das isch s'Schlimmschte! Ein Reissack soll Fahrtwind, Abgase und Kaelte abhalten

Manali selber behagte uns nicht sonderlich. Der neue Stadtteil ist wie so oft ueberladen mit kleinen Restaurants, Souvenirlaeden, Travel Agencies sowie den nervoes darauf hinweisenden Neonreklamen. Der alte Stadttteil dagegen ist fest in der Hand westlicher "Aussteiger" und Kiffertouristen: Das wohlriechende Gras waechst am Strassenrand, das Leben ist guenstig - da laesst sich wohl mit wenigen Mitteln das Leben schwerelos verschlafen...

Farbnuancen in der LandschaftWir beschlossen, den Goettern doch noch etwas Bergluft abzuringen, und fuhren hierfuer ins Spiti-Valley. Dieses Tal ist, da im Grenzgebiet zu Tibet gelegen, noch nicht lange fuer Touristen freigegeben und daher touristisch noch nicht sehr weit entwickelt. Auch braucht man nach wie vor eine Sonderbewilligung, um noch weiter gegen Osten vorzudringen. Da wir am Samstag ankamen, musst dieses Papier noch schnell beschafft werden, da den indischen Beamten ein arbeitsfreier Sonntag gegoennt sei. Nur war leider eben Stromausfall, Photokopien unserer Paesse konnten nicht gemacht werden. Wir marschierten trotzdem zum entsprechenden Amt um das erste Formular auszufuellen und das weitere Vorgehen zu erfragen. Folglich wurden wir auch noch zur Polizei geschickt, die die Richtigkeit unserer Paesse und Eintragungen im Formular mit einem maechtigen Stempel bestaetigten. Doch das Stromproblem blieb bestehen.

Waehrend Michi sich abmeldete, um im Hotel seinen Pfnuesel und Husten etwas zu kurieren, zog Karin los, um mit Hilfe unseres Travel Agents den Buerokraten etwas Feuer zu machen. Tatsaechlich liess sich irgendwo im Hof ein Generator finden, der dann auch von den Hilfreichen Sieben (anwesenden Beamten) in Betrieb genommen wurde, um die so wichtigen Photokopien anzufertigen. Noch zwei Formulare inklusive Doppel, und wir hatten die Permits im Sack. Einem wenige Minuten nach uns ankommenden Franzosen war weniger Glueck gegoennt: der Sprit im Generator war alle.

Kinnaur Kailash Region

So zogen wir doch noch los, damit Michi mit seinem Bild des Himalayas Frieden schliessen konnte. Nachdem wir von den Geroellhalden Ladakhs etwas enttaeuscht waren, trafen wir hier an, was wir unter maechtigen Bergen verstehen: Schneegipfel, vergletscherte Haenge, scharfe Grate. Michi wurde es gleich etwas warm ums Herz, und er begann schon ganz neue Reiseplaene mit Gipfelambitionen zu schmieden...

Unsere Esel in der Geroellhalde Zelt am Fluss

Aber nicht nur die Bergwelt veraendert sich auf wenigen Kilometern gewaltig. Auch die Vegetation wird reicher. Erstmals seit Tagen marschierten wir durch Weiden und Waelder. Die Bauern der Umgebung treiben ihr Vieh hierher auf ueber 3000m. So konnten wir unser Zelt fuer die letzte Nacht ein erstes Mal auf einer saftig gruenen Wiese aufbauen. Und am naechsten Tag erreichten wir schon bald die ersten Apfelheine, wo derzeit die Erntearbeiten in vollem Gange sind.

Frau am Fenster (Kalpa)Noch wollten wir nicht ganz Abschied nehmen von den Bergen und beschlossen, noch "schnell" nach Kalpa zu fahren. Unser Reisefuehrer und andere Touristen versprachen uns Aussichten, die zu den eindruecklichsten des Himalayas gehoeren. Leider hat aber nicht nur Vegetation, Geologie, Sprache und Religion gewechselt seit wir Spiti verliessen, sondern auch das Klima. Dicker Nebel empfing uns, wir fuehlten uns wie im aargauischen November... Der Blick auf die umliegenden Gipfel blieb waehrend zweier Tage verhuellt. Dennoch genossen wir einen ruhigen Tag in einer unverdorbenen Ecke.

Uebrigens: unsere heiss erkaempften Permits befinden sich unangetastet in unserem Gepaeck. Kein Mensch hat sich je dafuer interessiert.

Taj Mahal (Agra, India)Nun sitzen wir also wieder in Delhi. Zwei aneinander gereihte Busfahrten fuehrten uns ueber 600km in 22h (rechnet selber...) vom kuehlen indischen Himalaya hinab in die tropische Hitze des Tieflands. Und als ob dies nicht schon genug gewesen waere stuerzten wir uns gestern ins Abenteuer Eisenbahn, um in Agra das Wahrzeichen Indiens, den Taj Mahal zu besuchen. Unerfahren mit diesem Transportmittel, wie wir nun mal sind, buchten wir zweite Klasse, Standard. Will heissen: eingepfercht in komplett ueberfuellte Wagen standen wir waehrend den ueber drei Stunden des Weges. Da wir nicht einmal gefruehstueckt hatten und uns die schwuele Luft noch ein Bitzeli zu schaffen machte, meinten wir beide, hin und wieder kippen zu muessen. Aber wir kamen gut an. Fuer die Rueckkehr buchten wir reservierte Sitzplaetze im klimatisierten Wagen.

Schuhverwaltung im Taj MahalDer Taj Mahal ist das meistbesuchte Monument in Indien. Agra sei ein schwieriges Pflaster fuer Reisende, so mancher scheint mit den zahlreichen Angeboten von Guides, Haendlern und Rickshawwallahs nicht zurecht zu kommen. Wir buchten deshalb fuer einmal eine Sightseeingtour, um dem Rummel etwas entfliehen zu koennen. So beobachteten wir die fuer Besucher hergefuehrten Baeren, Kamele und Wasserbueffel nur aus dem Busfenster. Ein Fest im Taj selber verhalf uns und Tausenden anderen zu einem Gratiseintritt. Der hochsymmetrische Palast ist tatsaechlich eindruecklich, doch der ganze Rummel beanspruchte einen grossen Teil unserer Aufmerksamkeit. Wohin mit den Schuhen, wo doch der letzte Schuhwallah Karins Schuhe als Taubentoilette zur Verfuegung stellte? Wie innert nuetzlicher Frist, bevor die Hitze uns uebermannt, aus der Grabgrotte enfliehen, wo doch der "Verkehr" von Highsecurity people geregelt wurde? Aber ein paar schoene Bildchen vom Taj in der Abendsonne werden wir sicher praesentieren koennen, wir haben nicht mit Filmen gespart!

 
« zurück

de fr en © 2003-2007 -
Wikipedia Affiliate Button